Ausgangssituation

Auch in NRW gibt es einen steigenden Bedarf an Fachkräften in der Altenpflege (vgl. z.B. Pohl, C. (2011): Der zukünftige Bedarf an Pflegearbeitskräften in Nordrhein-Westfalen - Modellrechnungen auf Kreisebene bis zum Jahr 2030; IAB-Regional. NRW, Nürnberg, Nr. 02/2011).

Für den Kreis Heinsberg zum Beispiel wird von einer Verdopplung des Bedarfs an Pflegefachkräften bis zum Jahr 2030 ausgegangen. Es ist also wichtig, auch in Zukunft mehr Menschen für den Beruf der Pflegefachkraft zu gewinnen und diese Menschen auch zu einer erfolgreichen Absolvierung der Ausbildung und zu einem langfristigen Verbleib im Pflegeberuf zu führen.

Der steigende Bedarf an Pflegefachkräften ist auch eine Chance, Menschen einen Zugang zu einem Facharbeitsberuf zu ermöglichen, die bisher vielleicht nicht die Möglichkeit bekommen haben, sich erfolgreich in den regulären Arbeitsmarkt zu integrieren. Dies sind z.B. Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit schwächeren Schulabschlüssen oder fehlenden Lernerfolgen in der Schule, alleinerziehende Frauen oder Arbeitslose, die in ihren bisherigen Beschäftigungsfeldern keine Chancen mehr haben.

In dem Vorläuferprojekt „Ausbildungsoffensive Altenpflege Heinsberg“ wurde aufgezeigt, wie es gelingen kann, diese Zielgruppen für den Altenpflegeberuf zu gewinnen und bei der Ausbildung zu unterstützen. So wurden mehr als insges. 300 Auszubildende in den Einrichtungen St. Gereon und Franziskusheim für eine Ausbildung in der Altenpflege gewonnen mit einem Schwerpunkt auf den genannten Zielgruppen (www.altenpflege-heinsberg.de).

Um eine Erhöhung des Erwerbspotenzials in der Altenpflege entsprechend des aktuellen Fachkräfteaufrufs auf innovative Weise zu erreichen, müssen u.a. folgende Themen angegangen werden:

  • Es bedarf einer Verbesserung der Kompetenz und des Rollenverständnisses der Praxisanleiter/innen in den Altenpflegeeinrichtungen
  • Die Lehrkräfte in den Fachseminaren benötigen Unterstützung im Umgang mit sozial benachteiligten Schüler/innen und in der Kooperation Fachseminar/Praxiseinrichtungen
  • Bei Jungen Fachkräften nach dem erfolgreichen Ausbildungsabschluss muss die Bereitschaft zur regionalen und zwischenbetrieblichen Mobilität gefördert werden, damit die Fachkräfte dorthin gelangen, wo sie gebraucht werden
  • Die verschiedenen Ausbildungsbeteiligten müssen rechtzeitig und in einem einrichtungsübergreifenden Austausch konkrete Vorarbeiten für die Umsetzung der generalistischen Pflegeausbildung leisten (: Referentenentwuf des Bundesministeriums für Gesundheit und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend: Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Pflegeberufe; vom 26.11.2015)

 

Denn die Erweiterung des Rekrutierungspotenzials für den Pflegeberuf führt dazu, dass die lernpädagogischen, aber auch die die sozialen und psychosozialen Herausforderungen deutlich gestiegen sind, denen sich Lehrkräfte und Praxisanleiter/innen gegenübersehen angesichts der vielfältigen Talente, aber auch Problemlagen, die die Auszubildenden mitbringen.

So sind sie als die wichtigsten Bezugspersonen während der Pflegeausbildung auch damit konfrontiert, dass die Auszubildenden von Ihnen Lösungen für soziale und psychische Probleme erwarten, die nicht durch die Ausbildung, sondern durch die z.T. prekären privaten Lebensumstände der Auszubildenden entstehen (sozial schwache Elternhäuser und Familien, Trennungskinder, Schlüsselkinder, Gewalt- und Vernachlässigungserfahrungen etc.). Auch die gesundheitliche Situation der Auszubildenden, die mit diesen Problemlagen zusammenhängt, wirkt in die Ausbildung (vgl. z.B. Süddeutsche (2015): Auszubildende: Jung, dynamisch, ausgebrannt;  http://www.sueddeutsche.de/karriere, 08.09.2015).

Eine weitere Herausforderung für die Branche besteht darin, bei Jungen Fachkräften nach dem erfolgreichen Ausbildungsabschluss die Bereitschaft zur Mobilität zu fördern, denn es kann nicht gelingen, bei allen Einrichtungen im eigenen Haus jeweils genau die auch in Zukunft benötigte Anzahl von Fachkräften auszubilden.

Nicht zuletzt ist die Situation in der Pflege durch eine gewisse Unsicherheit gekennzeichnet, die mit der in 2018 bevorstehenden Einführung der generalistischen Pflegeausbildung (neues Pflegeberufsgesetz) zusammenhängt.